HALLE  Kunsthalle, Steyr, 1997

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HALLE ist eine Installation für vier 16mm Projektoren, Endlosschlaufen und Mittelleinwand.
Die Ausstellungshalle im 2. Stock des Gebäudes wird in der Mitte quer durch eine halbtrans-
parente Projektionsleinwand - 290 x700 cm - geteilt. Auf diese werden mittels 4 Projektoren - 
je 2 vorne und 2 hinten -  4 Filme übereinander und ineinander projeziert. Die Filme sind 
Endlosschlaufen verschiedener Länge. Sie zeigen jeweils ein anderes Stockwerk des Ge-
bäudes bzw. die Außenfassade. Durch die Mischung der Filme in der Projektion wird es 
möglich, das Gebäude in seiner  Gesamtheit wahrzunehmen. Die Filme sind Einzelbildfilme, 
Ausgangsmaterial dafür sind Diaserien, die am Tricktisch in verschieden schnelle Abläufe 
gebracht werden. Ein weiteres Stilmittel sind bewegliche Masken, sodaß immer nur ein Aus-
schnitt eines Dias zu sehen ist. Normalerweise wird der rasante Wechsel der einzelnen Bilder 
nicht wahrgenommen, erzählen sie doch von augenscheinlich vertrauten Handlungen. 
Die Filme dieser Installation berichten jedoch nicht, sie führen nicht genüsslich das Gebäude 
und seine Geschichte vor Augen. 
Durch die filmische Umsetzung wird das Dokumentarmaterial auf eine abstrakte Ebene ge-
hoben und bekannte Inhalte im nächsten Moment in strukturalistische Abläufe verwandelt. 
Im Gegensatz zu meinen anderen Filmen, bei denen das Stilmittel der  Mehrfachbelichtung 
eine große Rolle spielt, wird hier die Verdichtung der Bildstrukturen durch die Mehrfach-
projektion erreicht. Die verschiedenen Längen der Filmschleifen ergeben immer neue 
Konstellationen und ständig wechselnde Wahrnehmungsmuster. Durch die Anordnung 
der einzelenen Elemente, durch die Filmschleifen - jede ca. 30 m lang - und das Rattern der 
Projektoren erhält die Installation auch eine plastische Komponente: Die Filmschlaufen 
laufen über Drahthaken und Umlenkrollen, ähnlich einem Förderband. Durch die Größe der 
Halle und die Fragilität der Konstruktion verschwindet diese teilweise vor unseren Augen, 
um im nächsten Moment wieder aufzutauchen. Das verhält sich parallel zum Bewußtsein 
über die Geschichte der Halle: Manchmal ist ihre frühere Funktion als Produktionsstätte 
mit ihren Förderbändern, den lauten Maschinen und den in großem Lärm und Hitze schuf-
tenden Arbeitern - zeitweise Häftlinge der nahegelegenen Strafanstalt Garsten - präsent, 
im nächsten Augenblick wird diese Erinnerung von der aktuellen Nutzung überlagert. 
Der Wechsel von Anwesenheit und Abwesenheit von Licht und Nichtlicht ist Wesen jeder 
filmischen Projektion

Die mit unterschiedlicher Geschwindigkeit aufeinanderfolgenden, völlig verschiedenen 
Standbilder erlauben es nicht einen bestimmten Gebäudeteil länger zu betrachten, viel-
mehr wird durch die Überlagerung der Bilder das Haus und der durch es definierte Raum 
als komplexes Gebilde gezeigt, welches auf den Besucher durch mehr einwirkt, als jenen 
Teil in dem man sich gerade befindet. Mit zunehmender Dauer der Projektion können die 
Bilder der Endlosschlaufen immer wieder erkannt und erinnert werden. Mit der Zeit entsteht 
so ein persönliches Gesamtbild des Gebäudes - ein Raum für Gedanken und individuelle 
Geschichten.

 

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Nicht nur die Halle, sondern das ganze Haus ist Ort und Objekt der Ausstellung zugleich. 
Die einzelnen Komponenten des Ausstellungsraumes: Fenster, Pfeiler und Träger bilden 
sich auf der halbtransparenten Leinwand ab. Sie werden zu bildhaften Elementen, die sich 
mit dem Tageslicht verändern, bis sie mit zunehmender Dunkelheit von den Filmbildern ab-
gelöst werden. Diese strahlen ihrerseits durch die Leinwand und beziehen gegenüberliegende 
Raumteile mit ein. Die Besucher sind nicht wie üblich in ihren Sitzen fixiert, wandern herum, 
blicken "hinter die Leinwand" und werden als Schatten selber Teil des Films. Durch die Anord-
nung der Elemente der Installation ergibt sich eine Art "Gesprächssituation". Die 4 Projektoren 
werfen "Statements" auf die Leinwand, wo immer neue Synthesen entstehen. Dabei wird 
Architektur als fixe Gegebenheit in Frage gestellt und das Augenmerk auf Architektur als sich 
ständig verändernder Prozeß gelenkt.  
Thomas Steiner
Film Halle II

 

 

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